Es war einmal ein rotes Eichhörnchen, das hatte fast jedermann lieb.
Fast jedermann; denn es gab noch ein graues, aus Amerika eingeschlepptes Eichhörnchen, das zwar viel dümmer, dafür aber viel skrupelloser als das rote Eichhörnchen war.
Das graue und das rote Eichhörnchen waren anfangs Freunde; bis das graue Eichhörnchen das rote ganz böse hinterging und betrog und ihm die Eichhörner aufsetzte.
In der Zeit danach versuchte das graue Eichhörnchen immer wieder, durch Betrügereien und Gemeinheiten an den Nussvorrat des roten Eichhörnchens zu gelangen. Das rote Eichhörnchen ließ sich dies gefallen, weil es sich dachte, dass das graue Eichhörnchen ja auch von irgendetwas leben müsste und vielleicht einfach nicht so gut im Sammeln von Nüssen war. Außerdem erinnerte es sich immer wieder an seine alte Freundschaft und hatte auch Angst davor, von den anderen Tieren des Waldes als dumm erachtet zu werden, weil es die Betrügereien des grauen Eichhörnchens so lange nicht bemerkte. Es vergaß dabei völlig, dass Fehler zu machen noch nie ein Vorrecht der Dummen war.
So ließ sich das rote Eichhörnchen immer wieder etwas betrügen und sich Nüsse stehlen; es hatte ja selbst genug davon.
Eines Tages aber tat sich das graue Eichhörnchen mit dem Schakal und der Hyäne, mit der es sich fest angefreundet hatte, zusammen. Die drei knobelten einen Plan aus, wie sie dem roten Eichhörnchen besonders gemein schaden konnten, so dass es das rote Eichhörnchen erst dann bemerken würde, wenn es zu spät war.
Also gingen sie hin und boten den anderen Tieren des Waldes große Mengen aus dem Nussvorrat des roten Eichhörnchens an, obwohl diese ja gar nicht ihnen gehörten. Dazu gaben sie den Käufern einen Zettel in die Hand, auf dem stand, dass ein Teil des Nussvorrates des roten Eichhörnchens zwar beim roten Hörnchen verbleiben sollte, aber dennoch dem Käufer gehörte. Dazu machten sie die Unterschrift des roten Eichhörnchens einfach nach; manchmal sehr gut, manchmal auch weniger gut.
Eines Tages bekam der gereifte Fuchs von der Sache Wind. Er hörte dies, er sah das, er sprach häufig mit dem roten Eichhörnchen und versuchte es zu warnen.
Doch das rote Eichhörnchen wollte davon nichts wissen. „Du dummer Fuchs“, sprach es, „schau her: Hier sind all meine Nüsse. Du siehst: Sie sind nicht weg, hier liegen sie doch!“
Der Fuchs versuchte unablässig, das rote Eichhörnchen dazu zu bewegen, endlich die böse Absicht des grauen Eichhörnchens und seiner Vasallen zu erkennen, endlich etwas dagegen zu tun.
Doch das rote Eichhörnchen wollte davon nichts hören, drohte sogar damit, dem Fuchs die Freundschaft zu kündigen.
Eines Tages zogen das graue Eichhörnchen, der Schakal und die Hyäne zum Fliehbaum des roten Eichhörnchens und wollten es zwingen, aus seinem Baum auszuziehen.
„Kommt nur her!“, rief das rote Eichhörnchen, „Hier bin ich auf meinem Gebiet ! Sobald ihr versucht, meinen Baum zu erklimmen, werde ich Euch mit meinen Nüssen bewerfen, auf dass Ihr zu Boden stürzt!“
Sprach's und holte sich eine gute Handvoll der schweren Wurfgeschosse.
Das graue Eichhörnchen, der Schakal und die Hyäne näherten sich drohend dem Fliehbaum.
Gerade als das rote Eichhörnchen die erste Nuss werfen wollte, ertönte die Stimme des Bären: „Du wirst keine meiner Nüsse werfen! Das sind nämlich meine; hier ist der Vertrag!“
Sodann erhob sich die Stimme des Wolfes: „Und die anderen Nüsse gehören mir! Hier ist der Vertrag!“
Löwe, Tiger, Panther, Schlange, Krokodil und viele andere Tiere stimmten nun ein: Ihnen gehörten die Nüsse, alle wedelten mit ihrem Vertrag. Sie drohten dem roten Eichhörnchen mit dem Auffressen, sollte es wagen, Hand an die Nüsse zu legen, die ihm laut Papieren nicht mehr gehörten.
Ob das Eichhörnchen nun gefressen wurde oder in völliger Schande seinen Baum und den ganzen Wald verlassen musste, wissen wir nicht.
Wir wissen nur: Wenn du von Bösem erfährst, handele, ehe es zu spät ist.
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